

Wohnungsgenossenschaften 2025 – Ein Fels in der Brandung im Internationalen Jahr der Genossenschaften
Geschichte, Bedeutung und aktuelle Herausforderungen der Wohnungsbaugenossenschaften in Deutschland

„Wohnungsgenossenschaften finden seit über 100 Jahren die richtigen Antworten auf die drängenden Fragen der Zeit und sie werden dies auch zukünftig tun. Das traditionsreiche genossenschaftliche Geschäftsmodell hat sich als nachhaltig erwiesen und ist moderner denn je.“
Axel Gedaschko, GdW-Präsident
Eine Tradition mit Zukunft
Das Jahr 2025 wurde offiziell zum „Jahr der Genossenschaften“ ausgerufen – ein Anlass, um auf die enorme Bedeutung und die lange Geschichte der Wohnungsbaugenossenschaften in Deutschland zu blicken. Diese besondere Form des gemeinschaftlichen Wohnens hat sich über Jahrzehnte als tragende Säule für bezahlbaren und sozial gerechten Wohnraum etabliert.
Mehr als nur eine Rechtsform
Genossenschaften sind nicht nur eine Rechtsform, viel mehr sind sie Lebensform. Und Wohnungsgenossenschaften beweisen immer wieder aufs Neue, dass Wohnen mehr ist, als ein Dach über dem Kopf. Genossenschaftliches Wohnen steht für ein gutes Wohnumfeld, funktionierende Nachbarschaften sowie sozialen Zusammenhalt in den Wohnquartieren. Durch die Ausrichtung des Unternehmensgegenstandes auf die Förderung ihrer Mitglieder – vorrangig durch eine gute, sichere und sozialverantwortbare Wohnungsversorgung – haben Wohnungsgenossenschaften ein grundsätzliches Interesse an der nachhaltigen und qualitativ anspruchsvollen Weiterentwicklung ihres Bestandes. Darüber hinaus zeichnen sich die Wohnungsgenossenschaften durch ihre Anpassungsfähigkeit aus, die es ihnen ermöglicht, flexibel auf die sich stellenden und immer wieder ändernden Herausforderungen reagieren zu können.
Das besondere Etwas
Wohnungsgenossenschaften blicken auf eine lange und erfolgreiche Geschichte zurück. Dies liegt nicht zuletzt an den genossenschaftlichen Prinzipien der Selbsthilfe, Selbstverantwortung und Selbstverwaltung. Das genossenschaftliche Geschäftsmodell ist auf das Wohl der Mitglieder ausgerichtet. Mitbestimmung und Solidarität sind bis heute zentrale Grundsätze des genossenschaftlichen Wirtschaftens. Die Genossenschaftsmitglieder haben ein weitgehendes Mitwirkungsrecht und können sicher sein, dass sich die Genossenschaft nicht an den Interessen fremder Kapitalgeber orientiert, sondern ausschließlich an denen der Mitglieder. Gelebte Demokratie seit einem Jahrhundert – ein unschätzbares Pfand für unsere Gesellschaft. Für diejenigen, die sich über das Mietverhältnis hinaus an der Entwicklung des Wohnungsunternehmens beteiligen und sich in der Gemeinschaft engagieren möchten, stellt die Nutzung einer Genossenschaftswohnung und die damit einhergehende Mitgliedschaft in der Wohnungsgenossenschaft eine starke Alternative dar. Wohnungsgenossenschaften bieten einen Mittelweg zwischen Eigentum und Miete. Einerseits sind die Mitglieder Miteigentümer der Genossenschaft. Sie haben daher eine eigentumsähnliche Position und genießen eine größere Sicherheit, als dies bei herkömmlichen Mietverhältnissen der Fall ist. Andererseits sind die Mitglieder genauso flexibel, da sie den Nutzungsvertrag ganz normal kündigen können. Gerade das lebenslange Wohnrecht ist ein großer Vorteil. Aber auch die Möglichkeit der Genossenschaftsmitglieder, sich aktiv ins Genossenschaftsleben einzubringen, ist sehr attraktiv. Andererseits sind natürlich auch diejenigen, die einfach nur gut wohnen wollen, in der Genossenschaft willkommen.
Wachstum und Wandel im 20. Jahrhundert
Nach dem Ersten Weltkrieg spielten Genossenschaften eine Schlüsselrolle im sozialen Wohnungsbau der Weimarer Republik. Staatliche Förderprogramme unterstützten den Bau neuer Wohnungen, und die genossenschaftliche Idee gewann weiter an Popularität. Während der NS-Zeit wurden viele Genossenschaften gleichgeschaltet oder aufgelöst, doch nach dem Zweiten Weltkrieg erlebten sie eine Renaissance. Besonders in den 1950er- und 1960er-Jahren, als Deutschland dringend neuen Wohnraum für die wachsende Bevölkerung benötigte, waren Wohnungsbaugenossenschaften ein zentraler Akteur. In dieser Zeit entstanden viele der noch heute bestehenden Genossenschaftswohnungen, die durch ihre solide Bauweise und sozialverträglichen Mietpreise überzeugen. In der DDR spielten Wohnungsbaugenossenschaften ebenfalls eine wichtige Rolle. Hier waren sie oft staatlich gelenkt, boten aber dennoch vielen Bürgern eine Möglichkeit, in bezahlbarem Wohnraum mit Mitbestimmung zu leben.
Wohnungsbaugenossenschaften heute
Heute gibt es in Deutschland rund 2.000 Wohnungsbaugenossenschaften mit mehr als zwei Millionen Wohnungen. Sie stehen für eine nachhaltige und soziale Wohnraumversorgung, da sie nicht gewinnorientiert arbeiten und ihre Mitglieder in Entscheidungen einbinden. Gerade in Zeiten steigender Mieten und zunehmender Wohnraumknappheit erleben Genossenschaften eine neue Blüte. Moderne Wohnungsbaugenossenschaften setzen verstärkt auf ökologische und nachhaltige Baukonzepte, fördern gemeinschaftliches Wohnen und entwickeln innovative Wohnmodelle, die auf aktuelle gesellschaftliche Herausforderungen reagieren. Projekte für Mehrgenerationenwohnen, barrierefreie Wohnungen und energieeffiziente Neubauten gehören heute zum Standard. Genossenschaften engagieren sich besonders stark bei Projekten des Altersgerechten Wohnens, die zum Ziel haben, den Bewohnerinnen und Bewohnern die Möglichkeit zu geben, möglichst lange selbstbestimmt in ihrer vertrauten Umgebung wohnen zu können. Gemeinschaftlich genutzte Einrichtungen wie zum Beispiel Veranstaltungsräume gehören ebenso zum genossenschaftlichen Wohnen wie Mieterfeste oder Veranstaltungen für Kinder während der Ferien. Auch der Einsatz erneuerbarer Energien steht weit oben auf der Agenda der Wohnungsgenossenschaften. Darüber hinaus bieten Genossenschaften wohnbegleitende Dienstleistungen an. So tragen Genossenschaften zum Beispiel durch Kindertageseinrichtungen ihren Teil zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf bei. Sie sind zudem auch als selbst Arbeitgeber attraktiv und bieten eine sichere und gute Zukunft für ihre Beschäftigten. Auch die Digitalisierung im Genossenschaftswesen schreitet weiter voran. Seit 2022 gibt es als Ausfluss der Corona-Pandemie eine klare gesetzliche Regelung für die Durchführung von digitalen Mitgliederversammlungen. Auch die weitere Gremienarbeit zwischen Vorstand und Aufsichtsrat und der Austausch mit den Mitgliedern werden nach und nach digitaler. Seit Anfang dieses Jahres ist auch der digitale Beitritt zur Genossenschaft möglich. Dies alles darf zugleich nicht dazu führen, den Menschen als Mitglied, als Vertreter, als Aufsichtsrat, als Vorstand aus den Augen zu verlieren. Und dies wird auch nicht geschehen. Der Mensch und die Berücksichtigung seiner Bedürfnisse, das gehört zur DNA der Genossenschaften. Genossenschaften sind in der Lage, Tradition und Moderne miteinander zu verbinden, ohne dass ein Aspekt leiden muss. Dies gilt auch für die Nutzung digitaler Instrumente.
Internationale Bedeutung und Nachhaltigkeit
Genossenschaften sind weltweit eine tragende Kraft für nachhaltiges und sozial gerechtes Wirtschaften. Im Rahmen der von den Vereinten Nationen definierten 17 Nachhaltigkeitsziele (SDGs) leisten Wohnungsgenossenschaften einen wesentlichen Beitrag zur Schaffung von bezahlbarem Wohnraum, nachhaltiger Stadtentwicklung und der Förderung sozialer Integration. Besonders in Ballungsräumen tragen sie zur Reduzierung von Wohnungsmangel bei und setzen auf langfristig tragfähige Modernisierungskonzepte.
Ein wertvolles Regelwerk als Grundlage
In Deutschland haben wir das Glück, ein Regelwerk zu haben, das die genossenschaftlichen Grundprinzipien der Selbsthilfe, Selbstverantwortung und Selbstverwaltung auch gesetzlich verankert. Das Genossenschaftsgesetz, das seit dem Inkrafttreten schon mehrmals novelliert wurde, ist ein Garant für die stetige Fort- und Weiterentwicklung des genossenschaftlichen Geschäftsmodells. Es sichert altbewährte Prinzipien und schafft zugleich Raum für flexible Gestaltungsmöglichkeiten. Die lange und erfolgreiche Tradition der Genossenschaften spricht auch für die Qualität des Genossenschaftsgesetzes. Und auch das Genossenschaftsgesetz kann auf eine lange Geschichte zurückblicken. Es wurde bereits am 1. Mai 1889 im damaligen Reichgesetzblatt verkündet und ist am 1. Oktober 1889 in Kraft getreten.
Aktuelle Herausforderungen
Die Wohnungsbaugenossenschaften stehen vor erheblichen Herausforderungen. Steigende Bau- und Energiekosten, verschärfte regulatorische Anforderungen und ein Mangel an geeigneten Bauflächen erschweren sowohl die Modernisierung des Bestands als auch den dringend benötigten Neubau. Zudem bringt die EU-Gebäuderichtlinie (EPBD) hohe Investitionsanforderungen mit sich, die wirtschaftlich schwer zu bewältigen sind. Hier ist eine engere Zusammenarbeit mit der Politik notwendig, um realistische und sozialverträgliche Lösungen zu finden. Deutschland muss sich auf europäischer Ebene stärker für eine ausgewogene Regulierung einsetzen, die ökonomische, soziale und ökologische Aspekte gleichermaßen berücksichtigt. Das Spannungsfeld zwischen gesetzlichen sowie wirtschaftlichen Anforderungen und genossenschaftlichen Grundsätzen wird zur Zerreißprobe für die Genossenschaft und deren Mitgliedern. Der demografische Wandel, die Tatsache, dass die Mitglieder immer älter werden, führt zu weiteren Investitionsanforderungen. Die Wohnungen müssen altersgerecht umgebaut, Schwellen abgebaut und Fahrstühle eingebaut werden. Das alles führt zu hohen Investitionen, die nur mit Miete gegenfinanziert werden können. Genossenschaften finden seit über 150 Jahren die richtigen Antworten auf die drängenden Fragen der Zeit und sie werden dies auch zukünftig tun. Nicht zuletzt deshalb erfreuen sich Genossenschaften momentan hoher Beliebtheit. Das ist gut! Gefährlich aber wird es, wenn die genossenschaftliche Idee gleichgesetzt wird mit Gemeinnützigkeit. Genossenschaften sind Wirtschaftsunternehmen und sie funktionieren nur, wenn sie wirtschaftlich handeln. Nur dann können bspw. Wohnungsgenossenschaften ihren Mitgliedern und künftigen Mitgliedergenerationen auch bezahlbaren Wohnraum zur Verfügung stellen. Und genauso gefährlich ist es, wenn Genossenschaften im Zusammenhang mit Partizipation falsch verstanden werden. Wenn unter Schlagworten wie „Genossenschaften von unten“ einzelne Gruppierungen von Mitgliedern versuchen die Genossenschaft zu dominieren, politisch neu auszurichten, zu unterwandern. Die genossenschaftliche Idee funktioniert deshalb so gut, weil das Genossenschaftsgesetz die Rollen von Vorstand, Aufsichtsrat und Mitglieder-/Vertreterversammlung klar und eindeutig regelt. Sobald diese Rollen falsch verstanden und interpretiert werden, kommt es zu Konflikten. Leider gibt es auch vereinzelte „schwarze Schafe“, die sich den guten Ruf der Genossenschaften, insbesondere der Wohnungsgenossenschaften, zunutze machen, um ihre Geschäftsmodelle zu etablieren, die häufig nur den Initiatoren und Vertriebspartnern dienen. Es ist daher wichtig, die Rechtsform Genossenschaft vor unseriösen Geschäftsmodellen, die dem grauen Kapitalmarkt zugeordnet werden können, zu schützen.
Die Bedeutung der Wohnungsbaugenossenschaften für die Zukunft
Angesichts der angespannten Lage auf dem Wohnungsmarkt sind Genossenschaften eine der wenigen stabilen und sozialen Alternativen. Sie bieten nicht nur Schutz vor Spekulation und rasant steigenden Mieten, sondern fördern auch soziale Nachbarschaften und langfristige Wohnperspektiven. 2025, im Jahr der Genossenschaften, wird ihr Beitrag zur Gesellschaft besonders gewürdigt. Es ist eine Gelegenheit, die Idee des gemeinschaftlichen Wohnens weiterzuentwickeln und die Rahmenbedingungen für genossenschaftliches Bauen zu verbessern. Denn eines hat die Geschichte gezeigt: Wohnungsbaugenossenschaften sind kein Relikt der Vergangenheit, sondern ein Modell mit Zukunft. Ein Großteil dieser Genossenschaften ist unter dem Dach des GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen organisiert. Als Spitzenverband vertritt der GdW ihre Interessen auf politischer Ebene und sorgt dafür, dass die genossenschaftliche Idee weiter gestärkt wird. Gemeinsam bilden diese Genossenschaften eine starke Stimme für bezahlbares, nachhaltiges und sozial verantwortliches Wohnen in Deutschland.

Zahlen, die beeindrucken
Ungefähr 2.000 Wohnungsgenossenschaften gibt es in Deutschland und diese zählen ca. 2,9 Mio. Mitglieder.
680 Wohnungsgenossenschaften sind bereits über 100 Jahre alt. 26 feiern allein im Jahr 2025 ihr 100-jähriges Jubiläum. 143 Wohnungsgenossenschaften sind sogar schon über 125 Jahre alt.
Die Wohnungsgenossenschaften haben im Jahr 2023 mehr als 6,2 Mrd. in Neubau und Bestand investiert.
Etwa 5 Mio. Menschen finden bei den Wohnungsgenossenschaften in den rund 2,1 Mio. Genossenschaftswohnungen ein Zuhause und über 24.000 Menschen eine attraktive Beschäftigung.
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